Sektorkopplung
Darunter versteht man die Vernetzung der Sektoren (Teilbereiche) der Energiewirtschaft. Das sind traditionell Elektrizität, Wärmeversorgung, Verkehr und Industrie, die bisher weitgehend unabhängig voneinander betrachtet wurden. Dabei steht der ganzheitliche Ansatz im Vordergrund.
Bei der angestrebten Dekarbonisierung der Energiesysteme spielt Wasserstoff (H₂) als Energieträger der Zukunft eine Schlüsselrolle, wenn er klimaneutral aus regenerativen Quellen, beispielsweise aus Photovoltaik (PV) und Windkraft hergestellt wird. Im nordbayerischen Wunsiedel im Fichtelgebirge wird im Laufe des Jahres eine wegweisende Anlage zur Erzeugung von CO2-freier Wasserstoff entstehen – mit einer elektrischen Anschlussleistung von 6 MW in der ersten Ausbaustufe ist sie eine der größten ihrer Art und hat damit Modellcharakter für ganz Deutschland. Die geplante PEM Wasserstoff-Erzeugungsanlage wird die vorhandene erneuerbare Energie in ein speicherbares Medium umwandeln und für verschiedene Anwendungen in der Mobilität und Industrie verfügbar zu machen. Damit gelingt hier die effiziente Kopplung der einzelnen Sektoren.
Erweiterbares Baukastensystem
Genauer betrachtet, besteht der WUNsiedler Weg aus einem Baukastensystem. Er ist skalierbar konzipiert, kann also jederzeit erweitert werden. Zudem funktionieren die einzelnen Module auch in der Post-EEG-Welt. Da wir es mit stark fluktuierenden Energieerzeugern zu tun haben – etwa Windkraft- und Photovoltaikanlagen –, müssen die Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Industrie über alle Ebenen gekoppelt werden. Dasselbe gilt für die Produktion, den Transport, die Speicherung und die Verwendung von Energie. Motto: Weg vom Silodenken und hin zu vernetztem Denken.
Klingt sehr theoretisch, wird aber in Wunsiedel bereits umgesetzt. Die strikte Trennung in wenige Großkraftwerke und sehr viele reine Energieverbraucher gehört der Vergangenheit an. Stattdessen muss jedes Gebäude und jeder Industriebetrieb zu einem Kraftwerk gemacht werden. Ein Ein- oder Mehrfamilienhaus zum Beispiel kann mit Brennstoffzellen, die Kraft-Wärme-Kopplung nutzen, mit Batteriespeichern, einer Photovoltaikanlage, einem Wärmespeicher und einer Wärmepumpe ausgestattet werden. Verbunden werden die Gebäude über das Stromnetz sowie das Gasnetz, in dem heute noch Erdgas, morgen aber Wasserstoff transportiert wird. Doch damit nicht genug: Vernetzt wird auch über das Internet. Das Stichwort dafür lautet Internet of Things (IoT).